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Berlinale 2015

Berlinale-Direktor Dieter Kosslick © Marc Ohrem Leclef -Berlinale 2012
Das Berlinale-Plakat 2015

Starke Frauen, Glamour und politische Brisanz \n

Von Anja Karrasch\n \n Das größte Publikumsfestival der Welt, die Berlinale, feiert in diesem Jahr ihr 65. Jubiläum. Ein Grund mehr für Filmbegeisterte, Filmschaffende, Stars, Journalisten und Fachbesucher vom 5. bis zum 15. Februar 2015 die ganze Welt des Films in mehr als 400 Filmen in neun Sektionen hautnah mitzuerleben. Das politische Profil des Festivals schlug bereits vor der Eröffnung hohe Wellen mit Protestnoten aus dem Iran und Nordkorea, die zeigen, welche Bedeutung der Film nicht nur für unsere Kultur, sondern auch für Politik und Gesellschaft hat.\n \n Für den Glamourfaktor werden viele weibliche Stars wie Cate Blanchett, Natalie Portman, und Charlotte Rampling sorgen, die während des Filmfestivals auf dem roten Teppich vor dem Berlinale Palast am Potsdamer Platz erwartet werden. Auch Nicole Kidman wird da sein, sie stellt Werner Herzogs “Queen of The Desert” vor. Cate Blanchett läuft mit Helena Bonham Carter für Kenneth Branaghs “Cinderella” über den roten Teppich und mit Christian Bale sowie Natalie Portman für “Knight of Cups”.\n \n Starke Frauen vor und hinter der Kamera\n \n Nicht nur vor, auch hinter der Kamera sind die Frauen in diesem Jahr stark vertreten. Erst zum zweiten Mal in der gesamten Geschichte wird das Festival von einem Film eröffnet, den eine Frau gedreht hat. Isabel Coixet zeigt in “Nobody Wants the Night”, dass auch Frauen zum Nordpol gelangen können. Zur großen Gala am 5. Februar haben sich die Hauptdarsteller Juliette Binoche und Gabriel Byrne angekündigt. „Starke Frauen in extremen Situationen“, nannte Festivalchef Dieter Kosslick gewohnt pointiert diesen Berlinale-Themenschwerpunkt bei der Vorstellung des Programms. Drei Regisseurinnen sind im Wettbewerb vertreten, insgesamt stammen von den 441 Berlinale-Filmen 116 Beiträge von Frauen. Das ist viel für ein großes Festival, denn das internationale Filmgeschäft ist fest in männlicher Hand.\n \n Politisch kontroverses Kino\n \n Häppchenweise gab das Berlinale-Team in den vergangenen Wochen die Namen der Filme und Regisseure preis, die im Wettbewerb um die Gunst der internationalen Jury unter dem Vorsitz des Regisseurs Darren Aronofsky buhlen werden. Insgesamt 19 Filmemacher und -macherinnen, darunter so bekannte wie Peter Greenaway und Terrence Malick, werden im Wettbewerb ihre neuesten Werke präsentieren. Seinem Credo, politischen Themen, Independent-Filmen und Newcomern auf der Berlinale ein Forum zu bieten, bleibt Dieter Kosslick treu. Und so zeigen fünf relativ unbekannte Regisseure und eine Regisseurin aus Rumänien, Chile, Italien und Japan ihr filmisches Können. Die Themen sind oft hochaktuell und politisch, wie beispielsweise im Dokumentarfilm "Der Perlmuttknopf" von Patricio Guzmán, ein dokumentarischer Essay über die Geschichte Chiles, verwoben mit den historischen Gräueln der Kolonisation, der Zerstörung der indigenen Kultur und dem Folterregime des chilenischen Diktators Pinochet im 20. Jahrhundert. Ebenfalls aus Chile kommt "El Club", ein Film von Pablo Larrain über Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche. Und der rumänische Regisseur Radu Jude thematisiert in „Aferim!“ religiösen Wahn und Rassismus.\n \n Fünf deutsche Film im Wettbewerb\n \n Fans des deutschen Films und seiner Stars werden ebenfalls auf ihre Kosten kommen. Fünf deutsche Regisseure sind zum Wettbewerb um den Goldenen und Silbernen Bären eingeladen worden: Andreas Dresen, zeigt “Als wir träumten”, Margarethe von Trotta kommt mit Katja Riemann und Barbara Sukowa für ihren neuen Film “Die abhandene Welt” und Jürgen Vogel ist in Matthias Glasners “Blochin” zu sehen.\n \n Weitere zwei deutsche Produktionen von hochkarätigen Regisseuren laufen im Wettbewerb, wenn auch außer Konkurrenz. Wim Wenders, der in diesem Jahr mit dem Goldenen Ehrenbären ausgezeichnet wird, zeigt den 3D-Film "Every Thing Will Be Fine". Die Sektion Hommage hat zehn restaurierte Filme von ihm im Programm und anlässlich der Preisverleihung am 12. Februar 2015 um 22:00 Uhr im Berlinale Palast wird „Der amerikanische Freund“ aus dem Jahr 1977 aufgeführt. Der Thriller nach einem Roman von Patricia Highsmith spielt zwischen Hamburg, Paris und New York und handelt von einer tödlichen Freundschaft zwischen zwei höchst ungleichen Männern, gespielt von Bruno Ganz und Dennis Hopper. Ebenfalls außer Konkurrenz wird Oliver Hirschbiegel "Elser" präsentieren, einen Film über den Hitler-Attentäter Georg Elser mit Christian Friedel und Burghart Klaußner. Für alle, die es nicht nach Berlin zur Berlinale schaffen, gibt es einen kleinen Trost: Beide Filme starten bereits am 2. April regulär in den deutschen Kinos.\n \n Protestnoten und diplomatische Verwicklungen \n \n Protest aus dem Iran gab es gegen Kosslicks Entscheidung, den heimlich gedrehten Film „Taxi“ des mit Arbeitsverbot belegten iranischen Filmemachers Jafar Panahi zu zeigen. Für Aufregung sorgte ebenfalls im Vorfeld die Androhung einer „gnadenlosen Strafe“ der nordkoreanischen Regierung adressiert an die Berlinaleleitung, da sie vermutete, der umstrittene Film „The Interview“ werde dort gezeigt. In der Filmsatire geht es um ein fiktives Mordkomplott gegen den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un. Grund für den Irrtum war der gleichzeitige deutsche Kinostart von „The Interview" und die Eröffnung der Berlinale am 5. Februar. Dieter Kosslick traf sich umgehend mit dem nordkoreanischen Botschafter, um das Missverständnis aufzuklären. Für den 66-Jährigen stand der Film nie zur Diskussion, da er international schon in den Kinos angelaufen ist. Nachdenklich macht ihn neben der politischen Brisanz der Umstand, dass „The Interview“ bewiesen hat, dass keine große Kinoleinwand mehr gebraucht wird, um ein großes audiovisuelles Produkt zu präsentieren. Seit Ende 2014 ist der Film mit großem Erfolg via YouTube Movies, Xbox Video, Google Play und der separaten Sony-Webseite www.seetheinterview.com für 5,99 Dollar zu sehen.\n \n Quo vadis Berlinale?\n \n Die Frage, ob Filmfestivals wie die Berlinale zukünftig überhaupt noch der Ort sind, wo wichtige Filme publikumswirksam gezeigt werden, ist für den passionierten Hobby-Koch unausweichlich. „Wir sind in einer völlig neuen historischen Phase, und ich hoffe, dass das Bewusstsein bei der Berlinale geschärft wird, wohin eigentlich die Post beziehungsweise der Film geht und welche die Rolle der Festivals sein wird,“ sagte Dieter Kosslick in einem FAZ-Interview. Seit 2001 leitet er die Berlinale und hat seinen Vertrag Endes letzten Jahres bis 2019 verlängert. Offenbar ein Omen für seinen ungebrochenen Enthusiasmus und den Glauben an die Vereinbarkeit von Tradition und digitalem Mainstream: „Ich sehe die Zukunft des Kinofilms und des Festivals analog zur Entwicklung im Buchgewerbe: Trotz Kindle und Computer lesen immer noch Menschen ein gutes traditionelles Buch. Da wird es eine Koexistenz geben. Die einen schauen sich „Ben Hur“ auf der Armbanduhr an, die anderen gehen ins Kino.“\n \n © Berlinale \n \n © Dirk Michael Deckbar -Berlinale 2005\n



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