Kunst & Kultur

Jazztage

8-9. Juni

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In einer Welt, in der tagtäglich Mauern errichtet und Grenzen befestigt werden, in der Staatsführer*innen kulturellen Isolationismus fördern und Minderheiten ausgegrenzt werden, und in der Kindern beigebracht wird, dass sie sich vor Diversität fürchten müssen, ruft uns der Jazz eine ganz simple Tatsache in Erinnerung: Menschen und Gesellschaften sind dann am besten aufgestellt, wenn sie im Geiste von Offenheit und Inklusion zusammenarbeiten.

Aus den Geschichtsbüchern wissen wir, dass die ersten Jazzplatten im Jahr 1917 aufgenommen wurden. Seitdem hat dieses Musikgenre beispielhaft gezeigt, wie Weiterentwicklung vor allem durch Zusammenarbeit entsteht, und zwar nicht nur zwischen einzelnen Musiker*innen, sondern auch zwischen scheinbar grundverschiedenen Kulturen. Das Jazzfest Berlin 2017 wird erneut veranschaulichen, dass der Jazz, während er seinen kostbaren afroamerikanischen Kern bewahrt, ganz ungeachtet ihrer Herkunft alle diejenigen willkommen heißt, die auf ihrem Recht bestehen, anders zu sein, Orthodoxie zu hinterfragen und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit anderen zu finden. Aus diesem Grund beginnt das auf nunmehr sechs Tage verlängerte Festival in diesem Jahr nicht an seinem Wilmersdorfer Stammplatz, sondern in Kreuzberg – wo zahlreiche Kulturen aufeinandertreffen und mit Bands, die aus Rap, Hip-Hop, Poetry und den musikalischen Perspektiven Indiens und Afrikas reizvolle neue Kombinationen erschaffen.

Zum ersten Mal in den 54 Jahren seines Bestehens wird das Festival einen Artist-in-Residence haben: Der in New York ansässige Komponist, Schlagzeuger und Bandleader Tyshawn Sorey wird sowohl mit seinem Trio zu hören sein als auch in einem Late-Night-Konzert, bei dem er als Solist und im Duo mit dem Berliner Saxophonisten Gebhard Ullmann auftritt. Außerdem wirkt Sorey in einem nach der sogenannten „Conduction“-Methode geleiteten Konzert mit, das eigens für das Jazzfest konzipiert wurde und verschiedene Musiker*innen aus der Berliner Musikszene integriert.

Ein Großteil der komponierten Musik des diesjährigen Programms wurde eigens für das Festival geschrieben. Die ca. 60-minütige Komposition, die der Trompeter Ambrose Akinmusire vorstellt, basiert auf Aufnahmen aus dem Jahr 1939, in denen die Stimme einer weiblichen Strafgefangenen im amerikanischen Bundesstaat Mississippi zu hören ist. Der irakisch-amerikanische Trompeter Amir ElSaffar und sein Ensemble spielen eine Eigenkomposition, die die außergewöhnliche Akustik der evangelischen Kirche Am Hohenzollernplatz miteinbezieht. Geir Lysne, Leiter der NDR Bigband, dirigiert eine Uraufführung, die die traditionelle Musik seiner norwegischen Heimat reflektiert. Ebenfalls aus Norwegen stammen die sieben Sängerinnen von Trondheim Voices, die in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche auf den Organisten Kit Downes treffen.

Der Gitarrist Nels Cline ist vor allem als Mitglied der Rockband Wilco bekannt. Er reist mit seinem Projekt „Lovers“ an und spielt gemeinsam mit einem Kammerorchester Jazzstandards und Broadwaymelodien. Dr. Lonnie Smith, einer der großen Interpreten der Hammond-B3-Orgel, prägt mit gefühlvoller Wärme das Programm. Zwei Pianisten ganz unterschiedlicher Generationen spielen unbegleitet: Michael Wollny, der Jungstar des europäischen Jazz, gibt eines seiner seltenen Solokonzerte. René Urtreger wird anschließend an eine Vorführung von Louis Malles „Fahrstuhl zum Schafott“ auftreten und auch über seine Erinnerungen an die Aufnahmen der dazugehörigen Filmmusik mit Miles Davis 1957 in Paris sprechen. Zum Abschluss des Jazzfest Berlin 2017 wird John Beasleys preisgekrönte Bigband MONK’estra zu hören sein, zum ersten Mal mit dem deutschen Startrompeter Till Brönner als Gast.

In diesem Jahr wird das Festival zum dritten und letzten Mal von seinem britischen Kurator gestaltet. Da Berlin und London in absehbarer Zukunft nicht mehr Teil derselben Europäischen Gemeinschaft sein werden, erscheint es nur richtig, dass im Jahr 2017 Musiker*innen aus beiden Städten an drei Abenden im intimen Rahmen des A-Trane mit vereinten Kräften und in bisher noch nicht gehörten Kombinationen stichhaltige Argumente für kulturelle Zusammenarbeit liefern. Sie und die circa 150 weiteren Musiker*innen dieses Festivalprogramms werden beweisen, dass die Botschaft des Jazz am wertvollsten ist, wenn sie, wie Ornette Coleman einmal sagte, „in allen Sprachen“ ihren Ausdruck findet.

Richard Williams
Künstlerischer Leiter Jazzfest Berlin

Thomas Oberender
Intendant Berliner Festspiele

Künstler*innenliste
Ambrose Akinmusire
John Beasley’s MONK’estra
Nels Cline Lovers
Punkt.Vrt.Plastik: Kaja Draksler / Petter Eldh / Christian Lillinger
Empirical
Amir ElSaffar + Zinc & Copper
Heroes Are Gang Leaders
Ingrid & Christine Jensen mit Ben Monder
Amirtha Kidambi & Elder Ones
Geir Lysne + NDR Bigband
Steve Lehman & Sélébéyone
Shabaka & the Ancestors
Dr. Lonnie Smith Trio
Trondheim Voices + Kit Downes
Tyshawn Sorey
René Urtreger
Mônica Vasconcelos
Michael Wollny

www.berlinerfestspiele.de

 




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