Neu in Berlin

Interaktive Ausstellung im Museum für Kommunikation

Interaktive Ausstellung über das Alter - noch bis 23. August 2015 im Museum für Kommunikation in Berlin!\n \n Von Anja Karrasch\n \n Wie möchte ich im Alter leben? Was sind die Herausforderungen des Älterwerdens? Welche Möglichkeiten und Chancen eröffnen sich – jetzt und in Zukunft? „Dialog mit der Zeit. Die Erlebnisausstellung“ geht diesen Fragen vom 1. April bis zum 23. August 2015 auf ungewöhnliche Weise nach: In Begleitung von speziell geschulten Senior-Guides werden die Besucherinnen und Besucher mit den unterschiedlichen Facetten des Alters konfrontiert.\n \n Reicht es nicht, alltäglich mit den Begleiterscheinungen des Alterns zu tun zu haben? Die schweren Beine beim Treppensteigen, die erschlaffende Haut, die ewige Suche nach der Brille: Muss man sich das auch noch im Museum anschauen? Nein, ganz bestimmt nicht. Aber wie wäre es mit einem Perspektivwechsel? Die negativen Assoziationen und Aspekte einmal beiseite zu schieben, um freie Sicht auf eine Lebensphase zu ermöglichen, die immer länger dauert. Laut Statistischem Bundesamt werden Frauen, die heute 65 Jahre alt sind, durchschnittlich 86 Jahre alt, gleichaltrige Männer leben 82,5 Jahre.\n \n Roland Föll ist 71 und fand es immer schon spannend, Dinge anders zu machen. Er zögerte nicht lange, als er in einer Tageszeitung las, dass das Museum für Kommunikation Menschen in seinem Alter suchte, die Lust hatten, sich mit den Besucherinnen und Besuchern auf neue Art und Weise mit dem Altern auseinanderzusetzen. Seit drei Wochen führt er abwechselnd mit seinen mehr als 30 ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen Besucher, darunter viele Schulklassen, durch die fünf Themenräume der Ausstellung im 2. Stock des wilhelminischen Prachtbaus. An diesem sonnigen Frühlingstag kommen nur wenige. Die Besucher erwartet ein exklusiver Rundgang mit dem schlanken 71-jährigen, der sie in einem eleganten Anzug lächelnd begrüßt.\n \nJeder altert anders\n \n Im ersten Raum steht ein blauer ovaler Tisch mit 20 Stühlen, die Wände schmücken aufgemalte blaue Bilderrahmen. Sie sind leer, fungieren gleichsam als Platzhalter für die Erinnerungen und Fantasien der Besucher, die sich an diesem Tisch darüber unterhalten, wie sie ihr Alter leben oder wie sie es sich vorstellen. Heute ist es ein Zwiegespräch zwischen der Frau im mittleren Alter und Roland Föll. Er zeigt ihr drei Bilder aus seinem Leben. Sie erfährt, dass er in Stuttgart in den 60er Jahren Architektur studiert und sein aufreibendes Berufsleben in Berlin verbracht hat „Der Druck, die Bau- und Budgetplanungen einzuhalten war enorm groß und einige Male hat es auch nicht geklappt“, erinnert er sich. Das letzte Bild zeigt ihn entspannt und lachend am Küchentisch mit seiner Frau, die sich ein Nudelsieb auf den Kopf gesetzt hat. „Ich mag das Spielerische und schaue mir Dinge und Menschen gerne aus neuen Perspektiven an“. Fotokarten liegen in Fächern bereit, die ältere Frauen und Männer in unterschiedlichen Situationen zeigen: beim Sport, mit Freunden, mit der Familie, als küssendes Paar. Die Besucherin soll sich für ein Bild entscheiden, das für sie am besten ausdrückt, was sie sich für ihr Alter wünscht. Sie wählt das küssende Paar. Roland Föll nickt wissend.\n \nSpielerischer Umgang mit den Tücken des Alterns\n \n Im nächsten Raum befinden sich sechs interaktive Stationen, an denen man erleben kann, wie es sich anfühlt, als Schwerhöriger per Telefon ein Kinoticket zu bestellen, oder im hohen Alter eine Treppe zu erklimmen. Die Besucher werden mit verschiedenen Hilfsmmitteln in ihr eigenes Alt-Sein katapultiert. Sie laufen Treppenstufen mit Gewichtsmanschetten hinauf, sie erleben, wie es ist, eine Tür mit zittriger Hand zu öffnen, eine Pillendose nach Anweisung richtig zu füllen, ein Videospiel mit eingeschränktem Tastsinn zu spielen und einen Sehtest mit „Grauem Star“ zu meistern. Das Arrangement hat etwas von einem Geschicklichkeits-Parcours in einer Fernsehshow. Dieser spielerische Umgang mit den körperlichen Einschränkungen des Alters macht es vor allem den jungen Besuchern einfacher, sich in die Lage ihrer Großeltern zu versetzen. Ein paar Schritte weiter erzählen fünf  Senioren und Seniorinnen in einzelnen Hörstationen kurze Geschichten. Die Protagonisten teilen ihre Weisheiten, Erfahrungen und Leidenschaften mit und setzen einen positiven Impuls zum Erleben und dem Umgang mit dem Alter. Wie Kurt, der wegen Arthrose in Händen und Beinen nicht mehr in seinem geliebten Garten arbeiten konnte und ins Altersheim musste. Er gab seinem Leben einen neuen Sinn, indem er jeden Tag seine Mitmenschen begrüßt und gute Laune verbreitet. „Die Neugier ist das Heilmittel gegen das Alter“. Beim Zuhören glaubt man ihm das gerne.\n \nWunsch oder Wirklichkeit?\n \n Im vierten Teil der Ausstellung nimmt Roland Föll die Rolle des Quizmasters ein und zeigt vier Filme, die der Frage nachgehen, wie unsere Umwelt  gestaltet werden muss, damit sie die Bedürfnisse einer älter werdenden Gesellschaft berücksichtigt. Ein Beitrag stellt ein Armband vor, mit dem per Datenübertragung die Grünphase einer Ampel verlängert werden kann. „Wunsch oder Wirklichkeit?“, lautet die Frage. Im Gespräch erläutert der Senior-Guide, dass dieses Szenario technisch noch nicht ausgereift ist und präsentiert interessante Fakten zum demografischen Wandel, beispielsweise, dass sich die Zahl der 100-jährigen seit 1956 von 100 auf beeindruckende 14.200 erhöht hat.\n \n Nach etwa einer Stunde wartet zum Abschluss des Rundgangs ein interaktives Pult mit humorvollen Fragen und Anekdoten auf die Besucher. Die 100-jährige britische Königin soll ihrem altgedienten Butler gesagt haben, als dieser um die Versetzung in den Ruhestand bat: “Lassen Sie den Quatsch. Mit 80 fängt das Leben doch erst an.“\n \n Den Ausstellungsmachern und ehrenamtlichen Ausstellungsbegleitern gelingt es, ein differenziertes und lebendiges Bild vom Altern zu vermitteln, das wie ein farbenprächtiges Gemälde mit dunklen, aber auch vielen hellen Stellen in Erinnerung bleibt.\n



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